Sein letztes großes Werk
Sie sind ein Kaleidoskop voller Farben- und Formenspiele: die von Gerhard Richter gestalteten Chorfenster in der saarländischen Benediktinerabtei Tholey, die heute Vormittag enthüllt wurden. „Es ist etwas Großartiges entstanden“, freute sich Frater Wendelinus Naumann schon beim Einbau des ersten Fensters Anfang August.
Für den 1932 in Dresden geborenen Gerhard Richter – er zählt zu den bedeutendsten – und teuersten Künstlern der Gegenwart – sind die drei jeweils 1,95 mal 9,30 Meter großen Kirchenfenster voraussichtlich sein letzter großer Entwurf. „Das ist sicher meine letzte Werknummer“, ließ der mittlerweile 88-jährige Künstler verlauten, der ein Werkverzeichnis seiner Arbeiten führt. „Es fängt mit ,Tisch’ als Nummer eins an. Und die Fenster haben Nummer 957.“
Mit der Umsetzung seiner Kunst auf die Fenster ist Gerhard Richter sehr zufrieden: „Ich bin erstaunt. Ich hätte mir das nicht träumen lassen, dass das so gut geht“. Die Motive auf den großen Chorfenstern – sie stammen aus seinem Künstlerbuch „Patterns“ – hatte er durch wiederholtes Teilen und Spiegeln entwickelt. Gefertigt wurden die Richter-Fenster sind in den bekannten Münchner Glaswerkstätten Gustav van Treeck.
2018 kam die Anfrage aus Tholey. Für Gerhard Richter war dies allerdings nicht der erste Auftrag einer katholischen Kirche. Der Künstler entwarf bereits ein Fenster für den Kölner Dom, das 2007 eingeweiht wurde. Bei der heutigen Enthüllung war Gerhard Richter aus gesundheitlichen Gründen nicht mit dabei. Immerhin knapp 250 Kilometer liegt Tholey von seinem Wohnort Köln entfernt. Ein Besuch der frisch sanierten Abteikirche steht aber auf der Agenda: „Das habe ich schon vor, wer weiß wann das geht.“
Der Benediktinerabtei St. Mauritius hat Gerhard Richter seine Kunst übrigens geschenkt. „Die Ankündigung, dass Gerhard Richter als bedeutendster lebender Künstler der Welt die Fenster stiftet, hat internationales Interesse ausgelöst“, betont Thorsten Klein, der Geschäftsführer der St. Mauritius Tholey GmbH. Die Wiedereröffnung der Abteikirche nach der zwölfjährigen Sanierung durch die Stifter-Familie Meiser wird mit einer Festwoche von diesem Samstag (19. September) an gefeiert.
Nach der urkundlichen Ersterwähnung im Jahr 634 gilt Tholey gilt ältestes Kloster Deutschlands. Heute leben dort zwölf Mönche aus fünf Nationen. Für Tholey hat außerdem die seit 1994 in München lebende, afghanische Künstlerin Mahbuba Maqsoodi 34 neue Glasfenster gestaltet. Einige von diesen sind dort ab heute ebenfalls zu sehen. Die Restlichen werden bis Ostern 2021 gefertigt.
Text: Ute Strimmer